Monatsarchiv: Februar 2011

Die Praktiken der deutschen Erdlinge

Faktencheck zum tatsächlichen Verhältnis zwischen Mensch und Tier in Deutschland

„In Europa ist das doch ganz anders!“ oder „die Amerikaner spinnen doch eh!“, höre ich als Kommentar zu den schockierenden Bildern aus dem Film „Earthlings“. Tierschützer und Tierrechtler nutzen in diesem Film die Macht der Bilder gut um ihre Botschaften emotional rüberzubringen. Durch Kommentare, Schnitt und Musik kann Bildern eine bestimmte und gewünschte Bildaussage gegeben werden. Unkommentierte Bilder zur Lage der Lebensmittelindustrie, die mehr sagen als tausend Worte, gibt es in der (wortlosen) Dokumentation „Unser täglich Brot“. Sicher sind die Szenen in eben jenem Film sehr brutal. Dass die Welt, die dahinter steht aber wirklich existiert, kann nicht abgestritten werden. Es gibt Schlachthäuser, Mastbetriebe, Versuchslabors, Lederstiefel, Tierheime, Haustierfanatismus und dergeleichen.

Selbst bin ich in puncto Tierleid und Tierquälerei anfangs auf die Unterscheidung „in Deutschland“ und „anderswo“ reingefallen. Deutschland hat weltweit gesehen ein „strenges“ Tierschutzgesetz, viele Länder außerhalb Europas gar keines. Vielleicht bin ich gerade durch dieses Wissen auf den „die anderen“-Trick reingefallen.

Dass die Umstände hinter den Bildern des Filmes zum großen Teil aber auch in Deutschland tägliche Wirklichkeit sind, habe ich recherchiert.

Haustiere

Einschläfern von Tierheimhunden

Auch in deutschen Tierheimen werden Tiere eingeschläfert. Das ist der Fall bei aggressiven, alten oder kranken Hunden. Wenn ein Hund nicht mehr vermittelbar ist, weil er beispielsweise Menschen angegriffen hat, kann eine Tötung in Betracht gezogen werden. Darüber entscheidet die Tierheimleitung. Selbiges gilt für alte Hunde, die schwerer zu vermitteln sind, und daher jüngeren Neuzugängen mit höheren Vermittlungschancen Platz wegnehmen. Die vor einigen Jahren in Kraft getretene Kampfhundeverordnung hat viele Tiere, die aufgrund ihrer Rasse nicht mehr gehalten werden dürfen, in die Tierheime geschwemmt. Diese dürfen gar nicht mehr vermittelt werden.

Ein Radiobeitrag zur Lage in der Schweiz (in Schweizerdeutsch)

Die Produktionspraxis mancher Hundezüchter in Deutschland ist schon manchmal mehr zum finanziellen Vorteil des Züchters, also des Hundes. Eine neue Dimension erreicht die Hundevermehrung mit den Welpenfabriken Osteuropas. In den letzten Jahren hat sich jedoch auch ein ganzer Markt für Hundewelpen etabliert, der im großen Stil Tiere nach Westeuropa schmuggelt. Diese Tiere sind meist nicht geimpft oder entwurmt und viel zu früh von der Mutter getrennt worden. Daher sterben die meisten an typischen Hundekrankheiten oder Würmern oft schnell. Das Geschäft rentiert sich für die Drahtzieher sehr, da man einen Rassehund in Deutschland schon für 600 Euro aufwärts verkaufen kann.
Die Hündinnen werden oft eingepfercht unter grauenvollen Bedingungen als Reproduktionsmaschinen gehalten. Hier zwei Berichte:

Machenschaften der Welpenmafia

2.       Fleischproduktion

Um Tiere auf so engem Raum halten zu können, wie es Tierbetriebe im großen Stil tuen, müssen die Tiere auch in Deutschland der Umgebung und den Prozessen angepasst werden. Ich erwähne auch kurz Praktiken, die im Film so nicht vorkommen.

Schwanzkupieren bei einem Ferkel

Ferkelkastration ohne Betäubung ist erlaubt und weit verbreitet. Laut der ZEIT sind es 20 Millionen Eber die jährlich ohne Narkose kastriert werden.  In der Schweiz ist betäubungslose Ferkelkastration seit 2009 verboten. Auch Rinder, Ziegen und Schafe dürfen bis zu einem Alter von vier Wochen betäubungslos kastriert werden. (§ 5 und §6 TierSchG)
Das Zähne abkneifen oder schleifen ist bei Ferkeln bis zum siebten Lebenstag erlaubt. Außerdem legale Praxis ist das kupieren der Schweineschwänze.

Verletzungsschutz ohne Tierbeschädigung

In Deutschland dürfen Kühe enthornt werden. Allerdings nur unter Betäubung. Eine betäubungslose Enthornung ist bei Kälbern bis zum Alter von sechs Wochen erlaubt. Die Hornanlagen der Kälber werden mit einem Brenneisen ausgebrannt oder mit einem Ätzstift weggeätzt. Hierbei kann natürlich Säure in die Augen laufen oder an anderen Stellen Verletzungen verursachen. Letztere Methode ist in Deutschland nicht mehr zugelassen. Bei erwachsenen Rindern entfernt man Hörner nur bei Krankheit oder Umstellung auf Laufstall. Der Platzmangel und Rangordnungskämpfe können bei der Laufstallhaltung sonst zu Verletzungen untereinander führen. Dies passiert mit einem Sägedraht unter Betäubung. Man kann aktuell auch Besamungsmaterial mit der Eigenschaft Hornlosigkeit erwerben.

Die Markierung von Nutztieren durch das Stechen von Ohrmarken ist gesetzlich vorgeschrieben.

Auf einer Weide frei laufende Schweine sind für den Kunden nett anzusehen. Da Schweine aber einen angeborenen Trieb zum Wühlen in der Erde haben, macht das den Boden kaputt. Er ist dann für den Schweinehalter schwieriger zu bearbeiten. Um dieses arteigene Wühlen zu unterbinden, können Schweine sogenannte Rüsselkrampen in die Nase gestochen werden. Das ist sehr schmerzhaft, da die Nase ein

Saugstopper

wichtiges Organ für das Schwein ist. Zudem ist diese Technik in Deutschland eigentlich verboten. Die Tatsache, dass man diese Klemmen in so ziemlich jedem Agrarhandel oder Onlineshop bekommt, lässt jedoch vermuten, dass diese Dinge auch gekauft und angewandt werden.
Auch bei Rindern wird Ähnliches eingesetzt. Nasenringe, die durch die Nasenscheidewand gestochenwerden, ermöglichen einen Bullen zu führen und zu „zähmen“, da ein Ruck an dem Nasenring sehr weh tut. Auch bei Jungkühen werden Nasenringe angebracht, sogenannte Saugstopper, die wie der Name sagt, das Saugen am Euter unterbinden soll.
Nasenringe sind auch durch die Verwendung an Tanzbären bekannt.

Zum angeborenen Verhalten eines Huhns gehört das Picken. Werden viele Hühner auf engem Raum gehalten, dazu noch ohne Möglichkeit dieses Verhalten auszuüben, picken sie sich gegenseitig die Federn aus um ihr Bedürfnis zu befriedigen. Indem man die Lichtintensität in den Betrieben verringert, soll dieses Verhalten gemindert werden, was aber nicht hunderprozentig wirkt. Tritt das Verhalten bei Moschusenten auf, werden diese meist bis zum Schlachttag in Dunkelheit gehalten. Im Film wird hier das Schnabelkupieren bei Küken gezeigt. Es ist in Deutschland generell nicht erlaubt, kann aber genehmigt werden, wenn es zum Schutz des Tieres ist, in Bezug auf die Nutzung, für die es vorgesehen ist. Schnabelkupieren wird in Deutschland aktiv praktiziert. Dabei wird beispielsweise mit  einem Infrarotlaser die Schnabelspitze des empfindlichen Tastorgans des Huhns so stark erhitzt, dass das Gewebe abstirbt und die Schnabelspitze nach einigen Tagen abfällt. Längere Verwendung hat die Methode des Kupierens mit einem heißen Messer. Es gibt auch eine rotierende Maschine, der das Kupieren des Schnabels und Umpfungen zeitgleich automatisch durchführt. Hier werden die Küken mit den Beinen kopfüber eingehangen um die Prozedur zu vollziehen. Bei Moschusenten wird am häufigsten eine kalte Zange oder ein kaltes Messer verwendet. Hilft diese Methode nicht um das Picken gänzlich einzustellen, werden die Enten im Dunkeln gehalten – oft bis zum Tag ihrer Schlachtung.

Fotos von Kupieren, dem Kupierautomat und weitere Infos zu den anderen Praktiken gibt es auf der Seite der Arbeitsgemeinschaft für artgerechte Tierhaltung e. V.

3. Schlachtung

Die Betäubung in Deutschland ist laut Max Rubner Institut bei etwa 1% der Schweine fehlerhaft. Im Jahr ergibt das eine halbe Million Schweine, die oft bei vollem Bewusstsein in die Brühwanne kommen und dort qualvoll sterben.

Aus Österreich ein schriftlicher Bericht über die Vorgänge in zertifizierten und kontrollierten Schlachthäusern


Fortsetzung folgt…