„Klonen kann sich lohnen“, singt Max Raabe frech. Außer für den Privatgebrauch, den der Sänger melodisch lobt, ist die Fortpflanzungsmethode auch richtig gewinnbringend. Für wen, ist allerdings noch die Frage.
Die Amerikaner sparen sich – wenn man so will – die mühevolle Tierzucht. Schließlich lässt sich Bullensperma viel leichter aus Europa importieren und das erzeugte Prachttier zur Weiterzucht dann einfach klonen. Zu deutscher Gründlichkeit und Gewissenhaftigkeit passt es gut, dass als passioniertes Hobby auch die systematische Optimierung von Genmaterial sehr beliebt ist. Planzen, Tiere, Fahrzeuge, Häuser … alles mögliche kann optimiert werden. Dabei bleibt die Mehrheit der Deutschen ethisch konservativ und lehnt klassisches Klonen im Lebensmittelbereich vorerst ab.
Davon profitieren die Amerikaner. Einen hervorragenden Genpool stellt ihnen Europa zur Verfügung, die Technologie macht ihn uramerikanisch. Denn kein Volk auf dieser Erde ist so klonbegeistert. Hobbyzücher und Haustierliebhaber lassen ihre Lieblinge bereits klonen. Deren geliebte Eigenarten lohnen sich scheinbar für die Nachwelt erhalten zu werden. Aber eigentlich in erster Linie für die Menschlein selbst. Dabei wird allerdings aus dem so besonderen Tier, dass einem/r ans Herz gewachsen ist, eine Duplette. Es handelt sich wohl um serielle Haustierliebe, die auch nicht weit von pathologischen Zügen entfernt zu sein scheint, oder zumindest heillose Überschätzung der menschlichen Stellung im Ökosytem offebart.
Es ist (noch) zu teuer allein für die Fleischproduktion Tiere zu klonen. Daher wird die Methode vorgeschaltet und das gute, gewinnbringende Erbmaterial von hochwertigen Zuchtbullen wird durch ihre Klon-Kopien weiterhin verkauft. Biologisch ist Klonfleisch ganz normales Fleisch. Warum sollte es also dafür eine Kennzeichnung geben? – dachten sich die Amis und machten allen anderen Nationen damit Probleme. Mit diesem Kniff mussten sich alle Staaten, die in Handelsbeziehungen mit Amerika standen und noch stehen, irgendwie mit dieser Position anfreunden. Zu vermeiden wären Klonnachkommen im eigenen Land nur, würde jeglicher Fleisch- oder Fleischerzeugnisimport aus den USA gestoppt. Das wäre ein ökonomischer Super-GAU. Die USA sind unter den Top-Drei Handelspartnern Deutschlands. Ziemlich asoziales Verhalten legt die Weltpolizei in diesem Punkt an den Tag. JedeR ist sich wohl doch der Nächste. Es ergibt sich die Frage: Wo fängt globale Solidarität an und fällt Beschneidung eigener (interner) Handlungsstrategien darunter?
Wie sollte Deutschland oder die EU andererseits eine Kennzeichnung verordnen, wo dies gar nicht möglich ist? Wo Fleisch drauf steht, ist laut US-Züchtern auch Fleisch drin. Mehr braucht es nicht. Eine Kennzeichnungspflicht in Europa würde die USA dazu zwingen ihre eigene Handhabung von (Nicht)Kenntlichmachung anzupassen um überhaupt eine Etikettierung möglich zu machen. Denn biochemisch untersucht werden kann die unterschiedliche Herkunft bezüglich Cloning nicht. Diese Unterscheidung von Fleisch in den USA wäre auch für die Amerikaner selbst ein politisches Statement. Und dieses passt sicher nicht mehr zu deren Lieblingsthese vom „ganz normalen“ Klonfleisch. Und auch nicht zum Image des wirtschaftlichen Global Leader.
Es bleib den EU-Ministern also ganz wirtschaftspraktisch gar nichts anders übrig, als die Kennzeichnung von Kopie-Fleisch abzulehnen. Es geht aber nicht nur um einen Mikro-Makro-Konflikt – nämlich globale Handelspolitik versus gesundheitliche Bedenken der Einzelnen – sondern auch um einen Ideologienkonflikt. Auf der einen Seite steht eine mechanistische Weltauffassuung, die Gene und Leben auf diesem Planeten methodisch erfasst und systematisch abändert. Ziel dabei ist auch die Optimierung und Effizienzsteigerung auf den Menschen bezogen, was oft mit Vorteilen für das Kollektiv begründet wird. Das ist Kulturoptimismus.
Auf der anderen Seite steht das ethische Individuum, dass diese Denke ablehnt. Vielleicht, weil sie die Nachfolger des Pantheismus sind oder als Teil von einer neuen „Green Religion“. Bei einigen kann man sicher von Kulturpessimisten sprechen. Diese Haltung ist wohl eine sichere Position. Sie schützt vor Enttäuschung jedoch nicht von Irrtum. Bei der Debatte der Kennzeichnungspflicht für Klonfleisch in Deutschland geht es also nicht nur im Verbraucher und Verbraucherministerium, sondern um Weltpolitik und nicht am Ende um die Frage wie sich die Völker auf globaler Ebene untereinander und zueinander verhalten sollen.