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Durchblick ohne Tierversuche

Der Versuch: Nicht mit mir, besser am Tier!

Sie sind überall versteckt – tierische Produkte und nicht nur das: auch Tierversuche müssen für viele Dinge des alltäglichen Lebens durchgeführt werden. Vermeintlich. Da auch Kontaktlinsen als medizinisches Produkt deklariert sind, müssen auch hier ausreichend Tests gemacht werden. Das ist nachvollziehbar. Möchte doch auch niemand netzhautschädigende Kontaktlinsen verwenden oder am Ende erblinden.

Die Hersteller haben jedoch unterschiedliche Strategien im Umgang mit dieser Vorschrift zum Nachweis der Unschädlichkeit. Die einen beharren auf althergebrachten Methoden und testen weiter an Kaninchen und Co. und rechtfertigen das mit der absoluten Notwendigkeit. Die anderen nehmen eher eine entschuldigende Haltung ein, so, als seien sie sich durchaus bewusst, dass diese Methoden nicht in Ordnung gehen, verteidigen aber dennoch deren Durchführung, da sie ja vorgeschrieben seien. Und schließlich eine dritte Gruppe von Unternehmen, die sich bereits scheinbar  mutig für Neues und gegen Bisheriges entschieden haben, die nur noch an Zellkulturen testen.

Nun, ich war mich ehrlich gesagt nicht sicher, ob dies überhaupt möglich ist. Ist im Internet doch an vielen Stellen zu lesen, dass diese von Tierschützern als Alternative propagierten neuen Testmethoden nicht „so sicher“ seien, wie die bisherigen am lebenden Organismus. Umso überraschter war ich, als ich die Antworten einiger angefragter Kontaktlinsenhersteller erhielt, die ich euch nicht vorenthalten möchte.

Herstellerliste

Tierversuche führen durch:

Ciba Vision, der Marktführer:

„Wir bei CIBA VISION sind uns der Bedeutung des Tierschutzes bewusst und verfolgen aktiv die Entwicklung alternativer Testmethoden, wie zum Beispiel von in vitro Tests oder anderer moderner wissenschaftlicher Methoden.

Wie alle anderen Unternehmen, die Medizinprodukte (Kontaktlinsen sind Medizinprodukte) zur Anwendung am Menschen entwickeln, muss aber auch CIBA VISION eine begrenzte Anzahl von Tierversuchen durchführen, da die weltweiten Zulassungsbehörden bzw. Gesetze diese Versuche fordern.

Wir unterstützen die humane Behandlung von Tieren und befolgen uneingeschränkt die internationalen Abkommen wie auch Tierschutzvorschriften und -richtlinien der Gesundheitsbehörden in allen Ländern, in denen wir tätig sind.

Spezielle Komitees, welche sich aus von CIBA VISION unabhängigen Mitgliedern zusammensetzen, bewilligen Experimente und überwachen den Ablauf, um sicherzustellen, dass die Vorschriften eingehalten werden.“

Produkte: Dailies, Focus Dailies, Air Optix, Freshlook

Bausch + Lomb:

Leider habe ich von Bausch + Lomb keine Erlaubnis erhalten, den Wortlaut der Email zu veröffentlichen. Sie haben in einem langen Text geantwortet und versichert, den Tieren würde nichts geschehen wegen vorgelagerter in-vitro-Tests. Außerdem würden nur unbekannte Materialien getestet unter ständiger tierärztlicher Aufsicht. Es werde nur in dem Maß an Tieren getestet, wie notwendig wäre, um Sicherheit und Wirksamkeit zu gewährleisten und den gesetzlichen Anforderungen für Produktzulassungen und weiteren klinischen Tests gerecht zu werden. Sie würden die Bedenken hinsichtlich der artgerechten Behandlung von Tieren anerkennen und teilen und würden ihr Bestes tun um sicherzustellen, dass keine Arbeiten dupliziert werden und Alternativen in Erwägung gezogen würden um Tierversuche entweder komplett zu ersetzen, oder die Anzahl der Tiere auf ein absolutes Minimum zu verringern. Es würden alle Maßnahmen getroffen, um Schmerzen und Stress für die beteiligten Tiere vollständig auszuschließen. Es sei trotz Fortschritten leider bislang kein Ersatz mit den komplexen Abläufen chemischer und biologischer Interaktionen in einem lebenden Organsismus zur Zufriedenheit der Aufsichtsbehörden adäquat modellierbar.

Produkte: SoftLens, PureVision

Johnson & Johnson:

Bis heute habe ich auf meine Anfrage keine Antwort erhalten. Da Johnson & Johnson jedoch dafür bekannt ist eine der großen Firmen zu sein, die auf Tierversuche bauen, gehe ich davon aus, das dies auch bei Kontaktlinsen der Fall sein dürfte.

Produkt: Acuvue

Keine Tierversuche machen bzw. an Zellkulturen testen:

Cooper Vision

Produkte: Biomedics, Proclear, Rythmic, Lunelle, Biofinity, Avaira

MPG&E hat sogar sehr freundlich geantwortet:

„Die Zeiten der Tierversuche in der Materialentwicklung für Kontaktlinsen und Pflegemittel sind glücklicherweise vergangen. Die notwendigen Tests werden mikrobiologisch an gezüchteten Zellen durchgeführt.“

Produkte: Ecco, Compact, DreamLens, dream-care, Perfect contact lenses, natural fit, chromagen, Regard

CONTOPHARMA AG

Produkte: contaview, c-lens

Nicht wirklich festlegen konnten sich: Wöhlk

„Wenn wir in unserem Haus ein neues Produkt auf Basis eines neuartigen Kunststoffs in Zukunft bringen bevorzugen wir grundsätzlich den Alternativtest, der ein Laborversuch und kein Tierversuch ist. Voraussetzung ist aber ein eindeutiges Ergebnis mit dem Alternativtest, um die Produktzulassung zu bekommen.“

Produkte: contact (life, air, four, day 30, zeiss contact day), wöhlk perfect, Weflex, Geaflex, Hydroflex, Silsoft, sport contrast, G-72 D, W-50 D,  P.A.U.L, Conflex(-Air), A 90, Parabolar, wöhlk perfect, wöhlk bifo)

Alle angefragten Kontaktlinsenhersteller versicherten, dass keine tierischen Bestandteile in ihren weichen Kontaktlinsen enthalten seien.

Der innovative Selbstbetrug

Es bleibt die Frage, warum einige Unternehmen so selbstverständlich auf Tierversuche verzichten können, andere scheinbar gar nicht und damit auf die strengen Prüfkriterien verweisen. Mir kommt dabei der Gedanke, ob es nicht so sein könnte, dass die innovativsten Unternehmen wirklich Tiertests machen müssen, da sie komplett neue und unbekannte Materialien entwickeln, während andere Unternehmen auf (von anderen Herstellern) bereits getestete Materialien zurückgreifen. So können diese tierversuchsfrei arbeiten. Diese Taktik ist von Kosmetikherstellern bekannt.

Zugegeben, Kontaktlinsen sind ein Gebiet auf dem es bereits gute Produkte gibt. In anderen (medizinischen) Bereichen ist es jedoch unbedingt notwendig und sinnvoll neue Methoden und Stoffe zu erfinden und zu erforschen.

Am Ende bleibt offen, ob es – abseits einer möglichst tier(leid)freien Lebensweise wie dem Veganismus – für den Otto-Normal-Konsumenten einen Nutzen hat, Unternehmen zu boykottieren, die Tierversuche durchführen. Aus Tierschutz- und Tierrechtsperspektive ist das Urteil eindeutig. Für eine dauerhafte Veränderung der Prüfstandards und -bedingungen wird  dennoch wohl nur ein Diskurs auf politischer, also normgebender Ebene, etwas bringen, da diese innovative Unternehmen mit ihren Vorgaben derzeit nur abstrafen. Dass sie damit die Sicherheit im Gebrauch für den Menschen erheblich mehr erhöhen als mit vergleichbaren Labortests, kann stark angezweifelt werden. Doch das steht auf einem ganz anderen Blatt.